„Was, wenn ich etwas verpasse?“ – Dieser Gedanke ist für viele Menschen ein ständiger Begleiter. Ob soziale Medien, berufliche Chancen oder private Events: wir sind heute mehr denn je versucht, überall dabei sein zu wollen. Die Angst, etwas zu versäumen, trägt einen Namen: FOMO (fear of missing out). Es ist kein reines Modewort, sondern ein psychologisches Phänomen mit weitreichenden Auswirkungen auf unser Wohlbefinden. Dabei liegt die eigentliche Lebensqualität oft nicht im Mehr, sondern im bewusst gewählten Weniger. Dieser Gegenentwurf heißt JOMO (joy of missing out). Und er lohnt sich.

Was ist FOMO und woher kommt sie?

Fear of missing out beschreibt die diffuse Angst, nicht Teil von etwas zu sein, eine Gelegenheit zu versäumen oder im Vergleich zu anderen zurückzubleiben. Studien zeigen, dass besonders jüngere Menschen unter diesem Phänomen leiden, doch in Wahrheit betrifft es Menschen jeden Alters und jeder Lebenssituation. Digitale Medien verstärken FOMO massiv: wir scrollen durch perfekt inszenierte Urlaube, fantastische Events, berufliche Meilensteine oder scheinbar mühelose Freundschaften anderer – und erleben uns selbst im Kontrast oft als unzureichend oder ausgeschlossen.

Hinter FOMO stehen grundlegende psychologische Bedürfnisse: soziale Zugehörigkeit, Selbstwirksamkeit und Vergleichsprozesse, die tief in unserer Entwicklung verankert sind. Wenn diese Bedürfnisse nicht gesund befriedigt werden, entsteht eine innere Unruhe, ein ständiges „Ich sollte…“, das sich negativ auf mentale Gesundheit, Schlafqualität, Konzentration und Lebenszufriedenheit auswirken kann. 

„Kann ich es mir erlauben, abzusagen?“ – Der Preis der ständigen Verfügbarkeit 

Das Gefühl der Angst, nicht dazu zu gehören, bleibt nicht ohne Folgen. Es kann zu chronischem Stress, Entscheidungsmüdigkeit und emotionaler Erschöpfung führen. Wer ständig versucht, nichts zu verpassen, lebt im Außen und verliert oft den Kontakt zu sich selbst. Der Wunsch, „alles mitzunehmen“, lässt kaum Raum für echte Präsenz oder bewusste Erholung. Psychologisch gesprochen: Die permanente Reizüberflutung verhindert emotionale Integration und verstärkt das Gefühl von Getriebenheit und Leere.

Das Beste verpasst man nicht – man erlebt es bewusst

JOMO, die Joy of Missing Out, ist mehr als nur ein cleverer Begriff – sie ist ein aktiver Lebensstil. Wer JOMO kultiviert, entscheidet sich bewusst gegen den Reiz der ständigen Teilnahme – und für Ruhe, Achtsamkeit und innere Klarheit, also für sich selbst. Das bedeutet nicht etwa Rückzug aus dem Leben, sondern eine Rückbesinnung auf das Wesentliche, auf die eigenen Werte, Bedürfnisse und Rhythmen. Wer JOMO lebt, weiß: nicht jede Einladung ist ein Muss. Nicht jede Gelegenheit ist eine Pflicht. Nicht jedes Bild im Netz ist die ganze Wahrheit.

Psychologische Strategien für mehr JOMO im Alltag

  • Bewusster Medienkonsum: Digitale Diäten – etwa bildschirmfreie Stunden oder Tage – helfen, Reizüberflutung zu reduzieren und das eigene Erleben wieder in den Mittelpunkt zu stellen.
  • Reflexion statt Reaktion: Fragen Sie sich vor einer Entscheidung: Will ich das wirklich oder habe ich nur Angst, etwas zu verpassen?
  • Vergleiche entlarven: Erinnern Sie sich daran, dass soziale Medien nur einen Ausschnitt zeigen und selten die Realität abbilden.
  • Zeit für Langeweile zulassen: Kreativität, innere Ruhe und Selbstwahrnehmung entstehen oft im Nichtstun.
  • Prioritäten klären: Was ist einem selbst wichtig? Was gibt wirklich Energie? JOMO beginnt dort, wo wir lernen, Ja zu uns selbst zu sagen.

Die Rolle professioneller Unterstützung

Wenn FOMO zu einem belastenden Dauerzustand wird, lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Im AMEOS Privatklinikum Bad Aussee unterstützen wir Menschen dabei, wieder in Verbindung mit sich selbst zu treten – sei es im Rahmen von psychologischer Beratung, achtsamkeitsbasierten Verfahren oder individualisierten Therapieprogrammen. Besonders bei Symptomen wie innerer Unruhe, Schlafstörungen, Burnout oder Depression kann eine professionelle Begleitung helfen, die wahren Bedürfnisse hinter der FOMO zu erkennen und zu lernen, das eigene Leben wieder selbstbestimmt zu gestalten.

Verpassen kann befreiend sein

In unserer heutigen Welt voller Möglichkeiten ist nicht das Mitmachen, sondern das bewusste Auswählen zur eigentlichen Kunst geworden. JOMO ist kein Rückzug, sondern eine Haltung. Sie bedeutet, dem eigenen inneren Kompass zu vertrauen und dort zu verweilen, wo man wirklich sein möchte. Denn manchmal ist das Schönste, was wir erleben können, genau das, was wir nicht tun.