Am 29. September wird weltweit der “Tag der emotionalen Achtsamkeit” begangen. Ein Anlass, der auf den ersten Blick unscheinbar wirken mag, jedoch ein zentrales Thema unseres Lebens berührt. Denn wie wir mit unseren Emotionen umgehen, entscheidet maßgeblich darüber, wie wir Beziehungen gestalten, Belastungen bewältigen und unsere psychische wie körperliche Gesundheit erhalten.
Was bedeutet emotionale Achtsamkeit?
Viele denken bei Achtsamkeit zunächst an Atemübungen oder Meditation, an bewusstes Wahrnehmen von Situationen, Geräuschen und Gedanken. Doch emotionale Achtsamkeit meint etwas Grundlegenderes, nämlich die Fähigkeit, die eigenen Gefühle im Moment wahrzunehmen, ohne sie vorschnell zu bewerten oder wegzudrängen.
Wut, Angst, Trauer, Freude – all diese Emotionen sind wertvolle Signale, die uns Hinweise über unsere Bedürfnisse, Grenzen und Wünsche geben. Häufig reagieren wir jedoch automatisch. Wir unterdrücken Gefühle („Reiß dich zusammen!“), lassen uns von ihnen überwältigen oder lenken uns ab, anstatt sie bewusst wahrzunehmen.
Emotionale Achtsamkeit eröffnet einen dritten Weg: zunächst innehalten, spüren, benennen – und erst dann handeln. Das schafft Raum für einen reflektierten Umgang mit uns selbst und anderen.
Studien zeigen, dass Menschen, die ihre Gefühle achtsam wahrnehmen können, besser mit Stress umgehen, resilienter in Krisen sind und eine stabilere psychische Gesundheit aufweisen.
- Physiologisch führt Achtsamkeitspraxis nachweislich zu Veränderungen im Nervensystem, die Entspannung fördern.
- Psychologisch stärkt sie die Selbstakzeptanz und reduziert das Risiko für depressive Verstimmungen oder Burnout.
- Sozial verbessert sie die Empathiefähigkeit und Kommunikation – zentrale Faktoren für gelingende Beziehungen.
Gerade in einer Zeit permanenten Leistungsdrucks und Reizüberflutung ist die Fähigkeit, innezuhalten und auf die innere Stimme zu hören, ein wichtiger Schutzfaktor.
Emotionale Achtsamkeit in der Therapie
Im AMEOS Privatklinikum Bad Aussee setzen wir Achtsamkeit gezielt therapeutisch ein – zum Beispiel bei Angststörungen, Depressionen oder psychosomatischen Beschwerden. Dabei geht es nicht darum, Gefühle „wegzumeditieren“, sondern sie zu verstehen und konstruktiv zu nutzen. Methoden wie Achtsamkeitsübungen, Psychodrama oder körperorientierte Verfahren helfen, Zugang zu den eigenen Emotionen zu finden. Viele Patientinnen und Patienten berichten, dass bereits kleine Routinen – ein bewusstes Atmen vor einem schwierigen Gespräch, ein kurzes Innehalten bei Anspannung – langfristig große Wirkung zeigen.
Praktische Anregungen für den Alltag
Emotionale Achtsamkeit lässt sich trainieren – Schritt für Schritt, ohne großen Zeitaufwand. Ein paar einfache Impulse:
- Gefühle benennen: Wenn Sie merken, dass Sie angespannt sind, fragen Sie sich: Was fühle ich gerade – Ärger, Sorge, Freude, Erschöpfung?
- Atmen als Anker: Zwei tiefe, bewusste Atemzüge können helfen, den Autopiloten zu unterbrechen.
- Mini-Pausen: Legen Sie im Alltag kleine Stopps ein, um kurz in sich hineinzuspüren.
- Freundlich mit sich selbst umgehen: Gefühle sind keine Schwäche, sondern menschliche Reaktionen und wichtige Wegweiser. Denn sie zeigen uns, was wir gerade brauchen.
Der Tag der emotionalen Achtsamkeit erinnert uns daran, dass Gefühle kein Störfaktor sind, sondern eine Ressource. Wer ihnen mit Offenheit und Neugier begegnet, gewinnt mehr Selbstverständnis, innere Stabilität und Gelassenheit.