Ein stressfreies Fest ist kein Luxus 

"... und wenn die stade Zeit vorüber ist, dann werd's auch wieder ruhiger ...", sagte einst Karl Valentin. Jeder schmunzelt über diesen Spruch, der so perfekt den Nagel auf den Kopf trifft. Aber sollte es nicht gerade andersrum sein? 

Die Wochen vor Weihnachten gelten als die Zeit der Besinnlichkeit und der freudvollen Vorbereitung aufs Fest. Dennoch werden sie von vielen Menschen als eine der anstrengendsten Phasen des Jahres erlebt. Termindruck, Erwartungen, soziale Verpflichtungen und der Wunsch, alles richtig zu machen, führen nicht selten zu Gereiztheit, innerer Unruhe und tiefer Erschöpfung. Aus psychologischer Sicht ist das wenig überraschend: das Jahresende wird als eine Zäsur erlebt, zu der sich äußere Anforderungen und innere Ansprüche in besonderer Weise verdichten.

Dabei gerät oft aus dem Blick, worum es eigentlich gehen sollte: um Erholung, Verbindung und emotionale Sicherheit. Materielle Geschenke können Freude bereiten, aber sie verlieren schnell an Bedeutung, wenn wir mental, körperlich und sozial ausgepowert sind. Ein stressfreies Fest ist daher kein Luxus, sondern eine wichtige Voraussetzung für seelische Gesundheit.

Warum Weihnachten so leicht unter Druck gerät

Aus psychologischer Perspektive wirken mehrere Faktoren zusammen:

  • Hohe Erwartungshaltung – an sich selbst, an andere und ans perfekte Fest
  • Soziale Verdichtung – viele Kontakte, wenig Rückzugsmöglichkeiten
  • Reizüberflutung – Termine, Konsum, optische und akustische Überforderung
  • Jahresbilanz – unbewusste Selbstbewertungen („Was habe ich geschafft – was nicht?“)

Diese Mischung aktiviert und belastet unser Stresssystem oft über Wochen hinweg. Wenn keine bewussten Gegenpole gesetzt werden, bleibt wenig Raum für Regeneration.

Wege zu einem erholsamen Weihnachtsfest 

Ein gelingendes Weihnachtsfest beginnt nicht beim Geschenkekauf, sondern bei der eigenen Haltung. Hilfreich ist die Frage: Was brauche ich, um mich innerlich sicher und stabil zu fühlen? Daraus lassen sich konkrete Schritte ableiten:

  • Realistische Planung: Nicht alles ist notwendig. Weniger Programmpunkte schaffen mehr Präsenz.
  • Grenzen setzen: Ein freundliches Nein schützt vor Überforderung. Und langfristig sogar Beziehungen.
  • Rituale statt Perfektion: Verlässliche, einfache Rituale wirken stabilisierender als aufwendige Inszenierungen.
  • Körper ernst nehmen: Schlaf, Bewegung und Pausen sind keine Nebensache, sondern Grundlage psychischer Belastbarkeit.
  • Beziehung vor Leistung: Echtes Interesse, Zuhören und gemeinsame Zeit haben nachhaltigere Wirkung als jedes materielle Geschenk.

Weihnachten als Chance zur Neujustierung

Gerade weil Weihnachten emotional aufgeladen ist, bietet es auch die Möglichkeit, innezuhalten und Prioritäten zu überprüfen. Nicht alles, was „immer schon so war“, ist richtig und wert, fortgeführt zu werden. Kleine Veränderungen können große Entlastung bringen.

Ein stressfreies Fest bedeutet nicht, dass alles harmonisch oder konfliktfrei sein muss. Es bedeutet vielmehr, achtsam mit den eigenen Ressourcen umzugehen und sich selbst dieselbe Fürsorge zuzugestehen, die man auch anderen schenken möchte.

Denn letztlich ist es genau das, was wir alle wollen: die stade Zeit, die wir genießen und in der wir zur Ruhe kommen können.

 

Allen, für die das Fest eine besondere psychische Belastung bedeutet, stehen wir mit unseren stationären Therapien auch während und nach der Weihnachtszeit zur Verfügung.